Recht aktuell

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Jun
26
2018

Falscher Löschschaum und richtiger Haftungsmaßstab

Eine ungewöhnliche Fallkonstellation aus dem Bereich der sog. öffentlich-rechtlichen Gefahrenabwehr beschäftigte kürzlich den III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH).


Auf dem Grundstück der Klägerin befanden sich ein Auslieferungslager und das Verwaltungsgebäude eines Handelsunternehmens. Dort brach ein Feuer aus, das auf das Lager- und das Verwaltungsgebäude übergriff. Die Einsatzkräfte stellten fest, dass der Brand nicht mehr zu löschen war. Um ein Ausbreiten des Feuers auf eine benachbarte Lagerhalle zu vermeiden, entschied sich der Einsatzleiter der Feuerwehr für die Anwendung eines perfluoroctansulfathaltigen Schaummittels, dessen Schaumbestandteile in das Erdreich und das Grundwasser gelangten. Die beklagte Stadt gab der Klägerin auf der Grundlage des Bundes-Bodenschutzgesetzes sowie des Landes-Bodenschutz- und Altlastengesetzes umfangreiche Maßnahmen zur Sanierung ihres Grundstücks auf.


Die Klägerin verlangt von der Beklagten u.a. die Erstattung der bislang angefallenen und die Freistellung von künftigen Kosten für die Sanierung ihres Grundstücks infolge des Einsatzes des fluorhaltigen Schaums sowie den Ersatz des Wertverlustes, den ihr Grundstück trotz durchgeführter Sanierung erlitten habe. Sie macht geltend, der von der Feuerwehr der Beklagten verwendete Löschschaum habe unter Berücksichtigung des dadurch verursachten Schadens nicht eingesetzt werden dürfen. Ein Ausbreiten des Brandes habe auch ohne den Einsatz des Schaums verhindert werden können.


Die Klage (der Grundstückseigentümerin) hatte in allen drei Instanzen Erfolg. In tatsächlicher Hinsicht wurde von den Vorinstanzen rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Auswahl des in Rede stehenden Löschschaums ermessensfehlerhaft und die Entscheidung des Einsatzleiters amtspflichtwidrig und (einfach) fahrlässig waren.


Jetzt wird es rechtlich interessant: Im Rahmen eines Amtshaftungsanspruchs nach § 839 Abs. 1 BGB begründet grundsätzlich jeglicher Grad von Fahrlässigkeit die Haftung wegen einer Amtspflichtverletzung. Rechtlich stellt sich die Frage, ob es für die im Rahmen eines Noteinsatzes erfolgende öffentlich-rechtliche Gefahrenabwehr eine Beschränkung des Haftungsmaßstabs auf grobe Fahrlässigkeit gibt. Die „Preisfrage“ (z.B. im Examen) würde lauten: Gibt es hierfür einen normativen Ansatzpunkt?


Zu diskutieren wäre hier § 680 BGB, eine Regelung aus dem Bereich der „Geschäftsführung ohne Auftrag“. Der BGH hat diesen Aspekt eingehend geprüft, ist aber letztlich zu der Einschätzung gelangt, dass eine derartige Haftungsprivilegierung – und damit eine Freistellung bedeutender Bereiche staatlicher Tätigkeit von der Haftung für einfache Fahrlässigkeit – mit den Grundsätzen der Amtshaftung nicht vereinbar wäre.


BGH, Urteil vom 14. Juni 2018 – III ZR 54/17 –


Rechtsanwalt Dr. Ralf Els


 

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