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Jan
01
2019

Neu: Individualverfassungsbeschwerde zum VerfGH in Münster

Mit Wirkung zum 1. Januar 2019 hat der nordrhein-westfälische Landesgesetzgeber durch das Gesetz zur Änderung des Verfassungsgerichtshofgesetzes (GV. NRW. S. 400) die „Individualverfassungsbeschwerde“ eingeführt. Damit kann grundsätzlich „jeder … mit der Behauptung, durch die öffentliche Gewalt des Landes in einem seiner in der Landesverfassung enthaltenen Rechte verletzt zu sein, Verfassungsbeschwerde zum Verfassungsgerichtshof…“ (des Landes Nordrhein-Westfalen) „erheben“ (§ 53 Abs. 1 VGHG). Mit dieser Regelung hat der Landtag den Verfassungsgerichtshof des Landes Nordrhein-Westfalen, im Jahre 1952 als Staatsgerichtshof errichtet, zu einem „Bürgergericht“ erweitert. Ähnliche rechtspolitische Schritte hatten zuvor bereits elf der 16 Bundesländer unternommen.


Über Jahrzehnte war es im Lande Nordrhein-Westfalen verfassungspolitisch umstritten, ob die Einführung einer sog. Individualverfassungsbeschwerde zum Verfassungsgerichtshof des Landes Nordrhein-Westfalen angesichts der Rechtsschutzmöglichkeiten, die durch die Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht ermöglicht werden, sinnvoll erscheint. Verfassungsrechtlich geboten war und ist eine solche Individualverfassungsbeschwerde jedenfalls nicht; darüber bestand bei den politischen Entscheidungsträgern weitgehend Einigkeit. Allerdings ist im letzten Jahrzehnt deutlich geworden, dass es wünschenswert ist, die Bürgerrechte, welche die Landesverfassung in Gestalt spezieller Landesgrundrechte (z.B. Grundrecht auf Datenschutz, auf Jugendfürsorge, auf staatliche Zuschüsse an Privatschulen, auf universitäre Selbstverwaltung sowie auf Errichtung und Unterhaltung kirchlicher Hochschulen) gewährt, im Bewusstsein der Bürger besser zu verankern und deren prozessuale Durchsetzung zu gewährleisten. Die Individualverfassungsbeschwerde ist damit zugleich ein Ausdruck der Eigenstaatlichkeit des Landes.


Allerdings ist jetzt nicht mit einer Prozessflut zu rechnen; denn der Landesgesetzgeber hat für eine zulässige Landesverfassungsbeschwerde beachtliche Hürden errichtet: So ist die „Erschöpfung des Rechtsweges“ in der Regel eine der Voraussetzungen (§ 54 VGHG NW). Ferner darf sich der Beschwerdeführer nicht parallel bereits an das Bundesverfassungsgericht gewandt haben (§ 53 Abs. 1 VGHG NW). Schließlich bestehen wie beim Bundesverfassungsgericht detaillierte Fristen für die Erhebung und die Begründung der Individualverfassungsbeschwerde (§ 55 VGHG NW).


 


Rechtsanwalt Prof. Dr. Herbert Limpens

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