Recht aktuell

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Mar
08
2018

Schiedsverfahren und richterliche Unabhängigkeit

Die Zivilprozessordnung (ZPO) sieht seit eh und je die Möglichkeit der vertraglichen Einrichtung eines Schiedsgerichts (vgl. §§ 1025 ff. ZPO) vor. Dessen Tätigkeit bedarf keiner Offenlegung und bleibt dementsprechend der breiteren Öffentlichkeit in der Regel verborgen. Anlass für die Einrichtung eines solchen Schiedsgerichts sind in der Regel die Komplexität der zugrunde liegenden Vertragswerke einschließlich längerfristiger Bindungen der Vertragsparteien sowie deren gemeinsames Interesse an einer schnellen, qualitativ guten und abschließenden Entscheidung von rechtlichen Differenzen im Interesse der weiteren Abwicklung des Großprojekts, an dessen Realisierung nicht selten noch zahlreiche weitere Parteien beteiligt sind.


Ein heikler Punkt ist regelmäßig die Besetzung des Schiedsgerichts. Dabei geht es vielfach nicht so sehr um die Auswahl eines (in der Regel wirtschaftsrechtlich) sehr qualifizierten Vorsitzenden; ein solcher lässt sich im Kreise pensionierter Gerichts- oder Senatsvorsitzenden sicherlich finden. Ein gewisses juristisches Problem zeigt sich häufig bei der Auswahl der Beisitzer, bei denen den Parteien des Schiedsverfahrens nach Maßgabe der Schiedsgerichtsvereinbarung ein Benennungsrecht zusteht. Bei der Ausübung dieses Benennungsrechts richtet sich das Augenmerk der jeweiligen Partei naturgemäß auf Personen, die dem eigenen Rechtsstandpunkt durchaus aufgeschlossen gegenüberstehen, haben sie doch innerhalb des Schiedsgerichts ein Stimmrecht, das – so hofft es jedenfalls die benennende Partei – möglichst im Interesse der benennenden Partei ausgeübt werden soll.


Entscheidungen von Schiedsgerichten nach §§ 1025 ff. ZPO erlangen Titelqualität, d.h. die staatliche Prozessordnung sieht hier in der Tat ein Verfahren vor, das vom rechtlichen Ergebnis her den Entscheidungen staatlicher Gerichte weitgehend gleich steht. Allerdings setzt die Anerkennung eines solchen Schiedsspruchs voraus, dass in dem schiedsrichterlichen Verfahren gewisse rechtsstaatliche Mindestvoraussetzungen eingehalten werden. Dazu zählt auch die Gewährleistung der richterlichen Unabhängigkeit für alle Mitglieder eines solchen Schiedsgerichts.


Kürzlich hat der Bundesgerichtshof (BGH) – übrigens in Übereinstimmung mit der Vorinstanz (OLG Frankfurt) - hierzu nochmals klargestellt, dass auch in einem Schiedsverfahren nach §§ 1025 ff. ZPO der Grundsatz gelten müsse, dass niemand Richter in eigener Sache sein dürfe. Dies bedeute u.a., dass bei juristischen Personen Mitglieder ihrer Vertretungsorgane vom Schiedsrichteramt ausgeschlossen seien. Hier sei nämlich die notwendige Unparteilichkeit nicht gewährleistet. Das Mitglied eines Vertretungsorgans habe auch bei notwendiger gemeinschaftlicher Vertretung das Recht und die Pflicht, das Interesse der von ihm mit vertretenen juristischen Person wahrzunehmen, so dass es als Schiedsrichter dem zu entscheidenden Streit nicht wie ein unbeteiligter Dritter gegenüberstehe. Es gerate bei Mitwirkung in einem Schiedsgericht in einen nicht auflösbaren rechtlichen Interessenkonflikt.


Als Schlussfolgerung gilt daher: Bei der Benennung der Mitglieder (vor allem der Beisitzer) eines Schiedsgerichts ist besondere (rechtliche) Umsicht geboten; ansonsten besteht die Gefahr, dass der Schiedsspruch nicht die angestrebte verfahrensrechtliche Anerkennung (mit Titelqualität) erlangt.


BGH, Beschluss vom 11.10.2017 – I ZB 12/17 –


Rechtsanwältin Dr. Christina Alexa Baluch

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