Recht aktuell

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May
01
2020

Zur Bedeutung von Grenzwerten im Rechtssystem - "Entfernung von der Eisdiele"

Vor allem in Leserbriefen und Kommentaren wurde wiederholt die Frage aufgeworfen, ob solche Grenzwerte denn sinnhaft oder gar rechtmäßig sein können. Garniert wurden diese Kommentare nicht selten mit dem Hinweis, dass man nicht erkennen könne, wieso die "Gefahr" im Rechtssinne bei einer Entfernung von 49 m von der Eisdiele denn größer sei als bei einem Abstand von 51 m. Diese Betrachtungsweise mag zwar unter populistischen Aspekten einleuchtend sein; sie verkennt aber, dass kein Rechtssystem der Welt - das lässt sich mindestens bis zu den alten Ägyptern zurückverfolgen - ohne die Normierung von Grenzwerten ausgekommen ist und auskommt, soll es denn einigermaßen funktionieren.


Betrachtet man unser Rechtssystem, so finden wir sozusagen an allen Ecken und Enden "Grenzwerte", vielfach z.B. im Steuerrecht (Freibeträge, Freigrenzen), ferner bei der Bestimmung der Blutalkoholkonzentration (BAK) im Verkehrsstrafrecht (Promillewerte), weiterhin etwa im Baurecht (z.B. Abstandsflächen), im Versammlungsrecht (z.B. Definition der höchstzulässigen Teilnehmerzahl) usw. Diese Aufzählung ließe sich noch über Seiten verlängern.


Juristisch ist das Problem in der Regel beim Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art 3 Abs. 1 des Grundgesetzes zu verorten. Dieser Gleichbehandlungsgrundsatz besagt aber nach jahrzehntelanger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - hier in Kurzfassung - nicht etwa, dass alle Lebenssachverhalte "gleich" behandelt werden, sondern etwaige Ungleichheiten durch sachgerechte Gründe gerechtfertigt sein müssen. Als ein solcher sachgerechter Grund wird seit eh und je im Grundsatz auch die Festlegung eines Grenzwertes angesehen, sofern sich dieser nicht als willkürlich erweist.


Die Aufregung über den in den Medien hochgespielten "Eisdielen"-Fall löst sich unter diesen Umständen - juristisch gesehen - weitgehend in Luft auf.


Rechtsanwalt Prof. Dr. Herbert Limpens


 

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